Småland: Glashandwerk und tausende Seen


Eigentlich gibt es das Glasriket, das schwedische Glasreich, gar nicht. Es ist ein Kunstbegriff, aus der Werbung entstanden. Was so mystisch-verklärt klingt, wie ein Märchenreich, ist ein Sammelbegriff für das Gebiet von Småland in einem riesigen Waldgebiet mit tausenden von kleinen Seen, in dem sich ein Reihe der besten Glasmanufakturen Schwedens befinden. Und die sind in der Tat märchenhaft – und neben der unberührten Landschaft einen Besuch wert.
Glashandwerk in Småland
In Schweden hat die Glasbläserei eine lange Tradition. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts gründete Gustav Vasa in Stockholm die erste. In der Hauptstadt waren schließlich die Kunden, besonders der Adel und der Hof, und die Transportwege sollten nicht zu lange sein. Glas war ein Luxusgut. Die Voraussetzungen in Stockholm allerdings waren nicht die besten. Zudem gab es ständig Brände in den aus Holz gebauten Glashütten – und die Stockholmer wollten dieses Handwerk bald nicht mehr in der Hauptstadt haben.
Als alternativer Standort bot sich Småland südlich von Stockholm in Südschweden an. Hier gab es nur Sand, aus dem die Glasmasse gewonnen wird, Wasser aus den Seen und reichlich Holz für die Öfen, also genau das, was die Glashütten brauchen.
Heute liegen 16 der 17 schwedischen Glashütten in Småland. Und man kann sie während einer Rundreise durch das Glasreich alle besuchen. Die Türen sind immer offen, einfach eintreten und staunen, wie es drinnen dröhnt, wie die Schmelzöfen eine extreme Wärme verbreiten, wie es spritzt und zischt.
Den Glasbläsern über die Schulter schauen
“Immerhin kommen jährlich eine Million Besucher in die seenreiche Waldlandschaft zwischen Växjö und Nybro”, freut sich Glasreich-Touristikchefin Anna-Carin Birgersgård. Denn hier kann man sich nicht nur erholen, man kann den Glasbläsern über die Schultern schauen – und in den Showrooms so manches Schnäppchen machen. Dabei gibt es nicht nur Gläser in den unterschiedlichsten Formen und Farben zu kaufen, es sind regelrechte Kunstwerke, die von den Künstlern geschaffen werden. Etwa in Åfors, wo sich in der “Fina Stugan” phantasievolle Köpfe aus Glas, massive Grale und bemalte Glasblöcke bestaunen lassen. In Åfors arbeiten einige der weltberühmten Glaskünstler des Glasreiches.
In vielen der Glashütten wird abends zum Hyttsill gebeten, einem Fest mit Tradition. Übersetzt heißt das schlicht Heringessen. Im Glasreich war die Glashütte viele Jahrzehnte hindurch mehr als nur ein Arbeitsplatz. Die Menschen trafen sich hier, besonders am Abend, man unterhielt sich, aß zusammen, trank. Es wurde Musik gemacht und gesungen.
Traditionelles Heringessen: Hyttsill
Nach wie vor wird das Hyttsill traditionell gefeiert, ist aber auch zu einer Institution für Touristen geworden. Es gibt gebratene Heringe, småländische Würste und Kartoffeln. Zubereitet wird das warme Essen in den Abkühlöfen der Glashütte, die am Abend noch ausreichend Temperatur haben, um die Gerichte zu garen. Urig – und vor allem traditionell. Dazu schäumendes, allerdings sehr teures Bier und verschiedene Schnäpse. Auch die musikalische Einlage fehlt nicht.
Die Trinklieder werden in größeren Glashütten, etwa in Orrefors, beim Hyttsill nicht nur auf Schwedisch zum Besten gegeben: Wenn englisch- oder deutschsprachige Gäste da sind, wird auch schon mal ” She’ll be coming round the mountain…” oder “Trink, Brüderlein trink” angestimmt und schließlich können die Besucher sich auch noch in der Kunst des Glasblasens und Gravierens versuchen.
Ausflug nach Öland
Neben den Glashütten hat die Region aber auch andere Dinge zu bieten. Wie etwa die alte Seefahrer- und Hansestadt Kalmar, die mit dem besterhaltenen Renaissance-Schloss des Landes aufwartet. Oder die nahe Insel Öland, die nicht nur ein landschaftliches Kulturgut mit seltenen, teilweise endemischen Pflanzen und scharenweise Vögeln darstellt, sondern die mit Solliden auch noch die Sommeresidenz der schwedischen Königsfamilie beherbergt.