Straße der Weserrenaissance: Reise durchs Weserbergland und die Norddeutsche Tiefebene


Im Zusammenhang mit dem Jahr der Weserrenaissance wurde 1989 die Straße der Weserrenaissance als wissenschaftlich betreute Kulturroute und Ferienstraße eröffnet. Die Straße der Weserrenaissance sollte die Weserrenaissance-Bauten nicht nur lediglich verkehrstechnisch in Zusammenhang bringen, sondern darüber hinaus versuchen, sie interessierten Einheimischen und Gästen als kulturelle Gesamtheit vorzustellen und zugänglich zu machen.
Historischer Hintergrund der Straße der Weserrenaissance
Im Jahrhundert zwischen dem Anfang des 16. Jahrhunderts und dem Beginn des 17. Jahrhunderts erlebte der Großraum um Weser als wichtiger Verkehrsweg eine dauerhafte wirtschaftliche Hochphase. Eine Folge dieser mit Wohlstand und kulturellem Austausch verbundenen Konjunktur war der Bau zahlreicher repräsentativer Bauten, für deren sich als regionale Ausformung der Nordischen Renaissance entwickelnden Baustil die Bezeichnung Weserrenaissance üblich geworden ist.
Anders als in anderen deutschen Regionen, in denen Renaissancebauten vor allem im 17. und 18. Jahrhundert durch Barockgebäude verdrängt worden sind, sind im Weserraum Schlösser, Rathäuser, Kirchen und Patrizierhäuser des Renaissance-Stils in vergleichsweise größerer Dichte erhalten geblieben; Bauten, die den architektonischen Charakter der Region zwischen südlicher Nordseeküste und Weserbergland bis heute wesentlich bestimmen.


Das hängt einerseits mit einer schwächeren Wirtschaftsentwicklung des Gebiets nach dem 30-jährigen Krieg zusammen, die die Finanzierung von Neubauten schwieriger machte. Andererseits ist das Festhalten an den Weserrenaissance-Bauten zum Teil auch Ausdruck eines insbesondere in den letzen Jahrzehnten wachsenden Bewusstseins für die Bedeutung dieser Bauten für Geschichte und regionale Identität.
Verlauf der Straße der Weserrenaissance: Hauptstrecke + 8 Nebenstrecken
Die insgesamt etwa 600 km lange Straße der Weserrenaissance erstreckt sich vor allem über die Bundesländer Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen. Im südlichen Streckenabschnitt tangiert die Straße der Weserrenaissance auch Hessen und im Norden bremisches Gebiet.
Neben einer 400 km langen Hauptstrecke mit etwa 50 Stationen zwischen Kassel bzw. Hann. Münden bis Bremen umfasst die Straße der Weserrenaissance acht Nebenrouten, um auch abseitig gelegene Baudenkmäler durch die Kulturroute einbinden zu können. Wichtige Städte auf der Strecke sind unter anderem Einbeck, Höxter, Paderborn, Detmold, Bad Pyrmont, Lemgo, Hameln, Bückeburg, Minden, Nienburg und Celle.


Parallel zur Autoroute der Straße der Weserrenaissance entstand auch ein Angebot für Radfahrer, sich die Attraktionen der Weserrenaissance zu erradeln. Dabei konnte im Wesentlichen auf das gut ausgebaute Radwegenetz des beliebten Weser-Radweges zurückgegriffen werden.
Landschaften der Straße der Weserrenaissance
Landschaftlich wird die Straße der Weserrenaissance vor allem von dem um das obere Wesertal liegende Mittelgebirgsgebiet Weserbergland sowie von der sich nördlich anschließenden Norddeutschen Tiefebene mit ihren Teilregionen Dümmer Geestniederung, der Ems-Hunte-Geest und schließlich der Ems-Weser-Marsch bestimmt.
Im etwa 200 km langen oberen Wesertal schlängelt sich die durch den Zusammenfluss von Fulda und Werra bei Hann. Münden entstandene Weser von ihren Ursprungsort durch eine bis zu 530 m hohe, buchenwaldreiche Mittelgebirgslandschaft. Dazu gehören Höhenzüge wie das Wesergebirge, das Wiehengebirge, der Solling, der Süntel und, als eines der größten deutschen Waldgebiete, der Reinhardswald zwischen Kassel und Bad Karlshafen.
Im Durchbruchstal Porta Westfalica durchbricht die Weser diese Mittelgebirgsregion und fließt in die Niederungen der Dümmer und der Ems-Hunter-Geest. Dieses von Städten wie Nienburg und Wunstorf und den Weser-Nebenflüssen Dümme, Hunte und Ems sowie ausgedehnten Moorzonen, Erlenbruch- und Eichen-Birkenwälder bestimmte Gebiet ist fast durchgehend eben.


Prägnant ist auch der in dieser Landschaft liegende große Binnensee des Steinhuder Meers, das mit Recht als Naherholungsgebiet sehr beliebt ist.
Im nördlichen Endabschnitt der Straße der Weserrenaissance, den Ems-Wesermarschen, liegt das flache Land zum größeren Teil unterhalb des Meeres- und Flusspegels und ist weitgehend durch See- und Flussdeiche vor Überflutungen geschützt. Ein kleinerer Teil im Westen der Region ist durch maximal 30 m hohe Geestausläufer bestimmt.
Sehenswürdigkeiten entlang der Straße der Weserrenaissance
An der Straße der Weserrenaissance finden die interessierten Reisende auf engem Raum eine große Auswahl von unterschiedlichen Architekturdenkmälern, die in dieser Dichte eine besonders gute Möglichkeit darstellen, in die vergangene frühneuzeitliche Welt von feudaler Herrschaft und selbstbewussten Großbürgertum einzutauchen.
Hochzeitshaus in Hameln
Zu den Paradestücken bei den bürgerlichen Repräsentanten des Weserrenaissance-Stils gehört das 43 m lange Hochzeitshaus in der Rattenfänger-Stadt Hameln. Es zeichnet sich wie viele andere Bauten dieser Architektur durch eine fast verspielte, mannigfaltig gegliederte Schaufassade mit den charakteristischen, „Utfluchten“ genannten, Erkern und drei Zwerchhäusern aus.
Das 1617 fertig gestellte Sandsteingebäude ist reich mit horizontal angeordneten, umlaufenden Gurtsimse verziert. Das einen großen Prunksaal im ersten Obergeschoss bergende Prachthaus war in erster Linie als Feier- und Festhaus der selbstbewussten Stadt Hameln konzipiert und beherbergte daneben auch Ratsapotheke sowie Ratsschenke.
Ein Muss für jeden Hameln-Besucher ist das Hochzeitshaus schon deshalb, weil hier seit 1964 das berühmte Rattenfänger Figuren- und Glockenspiel zu bestaunen ist.
Schloss Hämelschenburg im Emmerthal


Geradezu den Archetypus der adligen Seite der Weserrenaissance stellt das in der Nähe von Bad Pyrmont im weserbergländischen Emmerthal gelegene Schloss Hämelschenburg dar, das als eines der schönsten deutschen Adelssitze der Renaissancezeit gilt. Hier ließ der reiche Ritter Jürgen Klecke in 30-jähriger Bauzeit bis etwa 1620 eine prachtvolle Wasserschlossanlage am Ufer der Emmer errichten.
Der dreiflüglige Bau mit den im italienischen Stil gebauten achteckigen Türmen bildet mit Schlossbrücke und Schlosskapelle ein eindrucksvolles Ensemble, das nicht nur für Architekturfans unbedingt sehenswert ist. Das Schlossmuseum bietet dem Besucher zusätzliche wertvolle Informationen zur Geschichte der Hämelschenburg.
Schloss Brake in Lemgo
In gewisser Weise das Herzstück der Straße der Weserrenaissance ist ein anderes hochinteressantes Schlossmuseum: Das Schloss Brake in Lemgo mit dem Weserrenaissance-Museum, das auch für die wissenschaftliche Betreuung der Straße der Weserrenaissance zuständig zeichnet. In der Ende des 16. Jahrhunderts gebauten Residenz der Lipper Landesherren mit dem einzigartigen Adam- und Eva-Portal kann der Reisende sich umfassend und zentral über alle Aspekte der Weserrenaissance kundig machen.


Touristische Bedeutung der Straße der Weserrenaissance
Aber bei aller Kunst- und Kulturgeschichte sollten bei einer Tour entlang der Straße der Weserrenaissance ausdrücklich nicht die zahlreichen anderen Facetten dieser Ferienstraßen-Region vergessen werden, die allein der Erholung in schöner Natur oder der Entspannung bei Genuss regionaler kulinarischer Spezialitäten wie Nienburger Spargel, Weserfisch, Grünkohl mit Pinkel oder Heidschnuckenbraten dienen.
Leider ist die Vermarktung dieser Themenstraße etwas eingeschlafen, was mit dem Erreichen des 30-jährigen Jubiläums bedauerlich ist. So gibt es auch keine aktuelle offizielle Website zu dieser Ferienstraße und Informationen zu aktuellen Veranstaltungen sind leider auch nicht vorhanden. Die Vermarktung einer Ferienstraße ist aber immer ein Prozess, der dauerhaft von touristischen Entscheidungsträgern begleitet werden muss. Vielleicht tut sich in dieser Hinsicht in Zukunft wieder etwas mehr.